
May the Lords of Crystal ride with you
Wenn man die Worte “Epic Metal” und “Italien” in einem Satz erwähnt, denken die meisten von euch vermutlich prompt an die mächtigen DoomSword, die mit dem Doppelschlag Resound The Horn (2002) und Let Battle Commence (2003) Genre-Geschichte geschrieben haben. Das Einmann-Projekt Crystal Skull, hinter dem sich Sänger und Multi-Instrumentalist Claudio “The Reaper” Livera verbirgt, ähnelt seinen legendären Landsleuten in stilistischer Hinsicht jedoch kaum: Auf dessen Debüt Ancient Tales haben wir es nämlich nicht mit ausladenden, hymnisch-heroischen Kompositionen, sondern mit einer kernig-kauzigen Epic Heavy Metal-Variante mit ausgeprägter Power Metal-Schlagseite zu tun.
Die Scheibe beginnt mit einem theatralischen Spoken Words-Intro, das Manowar-Fans ein wenig an “The Warriors Prayer” von Kings Of Metal (1988) erinnern dürfte. Nach diesem stimmungsvollen Einstieg beginnt die Schlacht, die von der ersten Sekunde an zum Fistraisen und Mitgrölen einlädt. Wenn Running Wild-Rolf heutzutage noch solche mitreißenden Tracks wie “Land Of The Dead”, “Stormaxe” oder “Tears Of The Night” zustande bringen könnte, wäre die immer noch riesige Anhängerschaft der teutonischen Power Metal-Institution wohl im siebten Piraten-Himmel. Auf Ancient Tales gibt es keinerlei Ausfälle – einen ähnlichen Dauer-Adrenalinrausch haben mir im letzten Jahr lediglich die weiterhin sträflich unterschätzten Stormburner mit Shadow Rising und im laufenden Jahr Dexter Ward mit III beschert.
Hervorheben muss man den mehrstimmigen Gesang: Die Gangshouts haben den Punch alter (und auch neuerer) Accept-Kracher (hört euch nur “Die By My Axe” an!) – das macht richtig Spaß, man möchte mit seinen Kumpels einen Sixpack nach dem anderen vernichten und die wunderbarste Musik, die es auf diesem Planeten gibt, in vollen Zügen genießen. Erfreulicherweise macht Claudio auch am Sechssaiter eine Top-Figur, sodass Freunde der gepflegten Luftgitarre ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Es ist alles in allem kaum zu glauben, dass es sich bei Crystal Skull um keine komplette Band handelt – ich hätte diesen Umstand nie im Leben herausgehört, wenn er nicht im Booklet oder im Metallum vermerkt wäre (nur in den Chören und im grandiosen, sehr epischen Schlusstrack “Lake Of Dreams” kommen auch andere Künstler zum Einsatz). Diesbezüglich muss sich das Projekt aus Italien in keiner Weise vor den in NWOBHM-Gefilden fischenden High Spirits von Chris Black verstecken.
Innovativ ist hier natürlich gar nichts – Claudio lässt seine musikalischen Helden hochleben und zelebriert seine Lieblingsmusik mit einer wirklich ansteckenden Leidenschaft. Mit anderen Worten: Ancient Tales bietet genau DAS, was ich suche. Der dezente Kauz-Faktor, für den nicht zuletzt die Vocals sorgen, verleiht der Platte den notwendigen Charme, der sie zu einem brandheißen Tipp für geschmackssichere Trüffelschweine im Underground macht. Nicht unerwähnt bleiben darf im Übrigen das herrlich gestaltete Booklet, welches die epische Note des Albums optisch hervorhebt.
Laut Promozettel arbeitet Claudio, der auch als Bassist für Sacro Ordine Dei Cavalieri Di Parsifal in Erscheinung tritt, schon an einem Nachfolger, der mutmaßlich den vielversprechenden Titel Dragons & Steel tragen wird. Ich kann es kaum erwarten, neuen Stoff à la Ancient Tales präsentiert zu bekommen. Crystal Skull ist für mich ohne Frage eine der spannendsten Neuentdeckungen des laufenden Jahres. Mille grazie, Claudio!
Fazit: Kaufempfehlung (und zwar ganz dringend!)

2 Kommentare zu „Review: Crystal Skull – Ancient Tales“