Review: Grendel’s Sÿster – Myrtle Wreath/Myrtenkranz

Release: 2019/10/01

Dass Vertreter des klassischen Heavy Metals auf Deutsch singen, war und ist eine Seltenheit. Die Gelsenkrichener Iron Kobra haben mit ihren drei Liedern in deutscher Sprache zwar einen soliden Anfang gemacht, aber Versuche anderer Bands in dieser Kategorie sind entweder nicht nennenswert oder man sollte sie am besten schnell wieder vergessen. Grendel‘s Sÿster hinterlassen mit ihrer zweiten EP nun einen ganz besonderen Abdruck in der Underground-Metalszene. 

Über die Bandgeschichte des Stuttgarter Trios lässt sich nicht allzu viel sagen. 2016 veröffentlichte man die Single Night Sea Journey/Sayings of the High One. Kurz darauf vollzog man 2017 den bis dato einzigen Line-up-Wechsel. Caro, welche Musik studiert hat, ersetzte Sängerin Kathi und ihre recht ungewöhnlichen Vocals. Auch die anderen Bandmitglieder, Gitarrist Tobi und Drummer Till, haben Musikvorerfahrung, wobei Grendel‘s Sÿster das erste Metalprojekt aller Bandmitglieder ist.

Aber genau das macht die Band so besonders. Die prägnanten Folkeinflüsse lassen sich zum Beispiel auf frühere Projekte von Tobi zurückführen. Auch der gigantische Kauzfaktor scheint das Ergebnis der doch so ungewöhnlichen Kombination an Interessen in- und außerhalb der Musik zu sein. Versucht man den Sound zu beschreiben, ist es wohl am einfachsten, Einflüsse oder ähnlich klingende Bands zu nennen. Während das Trio als Inspirationen Bands wie ManowarBrocas Helm oder Cirith Ungol nennt, fallen doch besonders die Ähnlichkeiten zu Lordian Guard auf. Auch der Kauzfaktor à la Slough Feg und Folkelemente, wie bei Skyclad, stechen hervor.

Inhaltlich behandeln die Lieder der EP sowohl Themen deutscher Folklore als auch (prähistorische) Mythologie, zum Beispiel aus dem indischen Raum. Be­son­ders auffallend sind hier wiederum die teils psychologische Perspektive und literarische Darstellung, hat man doch gezielt Dichtersprache verwendet.

Die schönen Melodien sind sehr harmonisch und die Riffs werden hauptsächlich im mittleren Tempo gespielt. Tempowechsel – viele Refrains klingen fast schon doomig – sowie Caros mehrstimmiger Gesang bereichern alles um etwas Epik. Das Lied Chairns/Sternmännlein beweist zudem noch einmal Caros Können, so kommt es völlig ohne Instrumente aus. Die Drums fügen sich sehr gut in das Songgefüge ein, setzen sie doch Caros Gesang sowie manche Gitarrenpassagen gut in Szene. Das wahre Highlight jedoch ist, dass alle sieben Lieder plus ein Intro zu Beginn sowohl in Englisch als auch auf Deutsch auf der EP sind, was die recht lange Laufzeit von zirka 50 Minuten erklärt. Bemerkenswert ist hierbei, dass es trotzdem nicht repetierend ist. Meiner Meinung nach verstärkt es das Gesamtbild nur.  Die  deutschen Lyrics wirken auf mich – wenn auch etwas geschwollen – mächtiger und insgesamt bedeutsamer.

Zu guter Letzt, das Albumcover ist für die Szene zwar ungewöhnlich, aber für Grendel‘s Sÿster genau passend. Ausgewählt wurde The Roses of Heliogabalus von Lawrence Alma-Tadema. Und wer die genaue Geschichte hinter dem Gemälde kennt und vom Trug im Schönen erfährt, wird spätestens dann verstehen, was ich meine.

Fazit: Myrtle Wreath/Myrtenkranz ist wirklich gelungen. Man merkt, dass es Grendel‘s Sÿster nur um die Musik geht. Sie versuchen nicht verzweifelt kommerziell erfolgreich zu sein, was heutzutage im (Metal-)Mainstream doch so weit verbreitet ist. Wer auf Kauz steht, wird definitiv Gefallen an der EP finden. Die Folk- und Epic Metal-Elemente ergänzen sich sehr gut und bieten uns in der Form einen richtig einzigartigen Sound.

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