Release: 2021/03/04
Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche herausragende Konzerte erleben dürfen. Dabei gab es jedoch bloß zwei Bands, die mich komplett niedergewalzt haben: Sulphur Aeon und Thronehammer. Intensiv, mächtig, erhaben – Musik, die durch Mark und Bein geht. Erfreulicherweise ist der Effekt auf Konserve ähnlich, sodass sich beide Formationen einen festen Platz in meinen Playlists erspielen konnten. Der “Thronehammer against fascism”-Aufkleber ziert obendrein an prominenter Stelle mein MacBook – da passt es auch in puncto Haltung.
Falls ihr die fränkisch-englischen Thronehammer, die laut eigener Aussage “Epic Doom at its bleakest” (Quelle: FB) spielen, noch nicht kennt, serviere ich euch zunächst einmal ein paar Eckdaten: Die Band hat im Dezember 2012 ihr erstes Demo Black Mountain Dominion herausgebracht. Danach geschah ganz lange Zeit in puncto Veröffentlichungen gar nichts, bis im November 2018 der Split-Release Vol. 1 – Vampire Bites, gemeinsam mit der neuseeländischen Stoner/Doom-Truppe Lord of Solitude, auf den Markt kam. So richtig los ging es dann im Mai 2019, als die erste Full-Length Usurper of the Oaken Throne erschien. Der Underground war hellauf begeistert, um es vorsichtig zu formulieren. Die Einladung zum renommierten Hammer of Doom ein halbes Jahr später darf man schon als folgerichtig bezeichnen. Dort, als Opener des zweiten Festivaltages in der Posthalle, entflammte meine Liebe zur Band, die uns nun mit Incantation Rites ihren zweiten Longplayer um die Ohren haut.

“Intensiv, mächtig, erhaben” geht es auch anno 2021 weiter. Es gibt zahlreiche Bands, die sich rühmen, “tonnenschwere” Riffs zu fabrizieren. Nun, Thronehammer sind in dieser Kategorie der Champion, das Maß ALLER Dinge. Bass und Drums, die wie alle Instrumente auf dem vorliegenden Longplayer exzellent tönen, spielen sich ebenfalls nachdrücklich in den Vordergrund, um dich noch weiter zu plätten. Härter geht es kaum, die düsteren, mysteriösen Tracks hauen dich schon nach wenigen Sekunden um und ziehen dich komplett in ihren Bann. Diese Musik kannst du unmöglich nebenbei hören – Thronehammer fordern dich nämlich voll und ganz. Das liegt auch an den mitunter episch-majestätisch-hypnotisierenden Melodien (zu denken ist exemplarisch an “A Fading King”, diese Gitarre…), die sich rasch in Hirn, Herz und Seele festsetzen. In den sieben Songs, von denen vier die Zehnminuten-Marke knacken, passiert so viel, dass ich der Platte nicht selten mit offenem Mund lausche. Mit der Menge an Ideen, die Thronehammer präsentieren, füllen die meisten Bands zehn Alben. Bemerkenswert ist der Umstand, dass Incantation Rites über 75 Minuten läuft, aber zu keiner Sekunde langweilig wird. Die Spielzeit vergeht dank der eindringlichen Atmosphäre wie im Flug – und das sage ich als bekennender Fan kompakter Platten. Hier möchte ich nicht einen Moment missen, da Thronehammer so viel zu sagen haben. Man lauscht der Truppe gerne, weil keine andere klingt wie sie. Ist das überhaupt “Doom Metal”, wie es im Metallum steht? Oder “Epic Doom” (siehe oben)? “Ultradoom” (Quelle: Instagram)? Spielt das eine Rolle? Eigentlich nicht: Im Grunde genommen klingen Thronehammer einfach wie Thronehammer.
Allein auf instrumentaler Ebene haben wir es mit einem Weltklasse-Act zu tun, der die Konkurrenz mühelos an die Wand nagelt. Aber über den größten Trumpf habe ich noch gar nicht gesprochen: Sängerin Kat Shevil Gillham, auf der Bühne ein echtes Charisma-Monster! Was sie, wie schon auf dem Vorgänger, abliefert, ist atemberaubend, umwerfend, nicht von dieser Welt. Nahezu schockierend eindringlich. Es gibt wohl nicht viele Frontfrauen, die dermaßen variabel sind. Klarer Gesang, Growls, sie beherrscht die gesamte Palette. Aber noch viel wichtiger ist ihre Ausdrucksstärke – sie singt jede Note, als ob es um ihr Leben ginge. Manchmal erinnert sie mich an ein angeschossenes wildes Tier, das dem Feind todgeweiht mit letzter Kraft den Schädel spaltet (man höre z.B. “Devouring Kingdoms”). Ihr einzigartiger Gesang berührt und bewegt mich in einer Art und Weise, die mir selbst schon ein bisschen unheimlich ist. Das ist K.U.N.S.T.: Hört euch nur den Opener, den Titelsong “Incantation Rites” an. Ich glaube aufrichtig, dass Kat dazu in der Lage ist, Cthulhu heraufzubeschwören – wer hier keine Gänsehaut bekommt, ist mutmaßlich seelisch tot.

Fazit: Incantation Rites ist zweifellos das mit Abstand beste Album, das 2021 bis dato ausgespuckt hat. Ich bin mir sicher, dass die Platte auch am Ende des Jahres ganz weit oben auf meiner Liste stehen wird. Wer soll das toppen? Vielleicht Gatekeeper oder Solstice (insofern bei Rich und Co. wirklich etwas Neues kommt…). Aber diese Überlegungen sind eigentlich viel zu banal, um diesen Review damit abzuschließen. Thronehammer sind eine ehrfurchterregende Naturgewalt, die dich in die tiefste Dunkelheit zieht, um dort die Lebensgeister und den Kampfgeist in dir zu wecken. Ein Meisterwerk mit geradezu kathartischer Wirkung!

3 Kommentare zu „Review: Thronehammer – Incantation Rites“