Vor einer Woche schrieben wir bereits, dass uns Black Messiah auf dem Wolfszeit Festival 2022 sehr gut gefallen haben. Kurz nach unserem Ausflug nach Thüringen stand fest: Mit Bandgründer Zagan, als einziges Mitglied seit 1992 an Bord, möchten wir uns unbedingt für den Epic Metal Blog unterhalten. Herausgekommen ist ein sehr lebendiges Zoom-Gespräch, das wir euch heute gerne an dieser Stelle präsentieren möchten.
André: Vielen Dank, Zagan, dass du dir Zeit für unseren Blog nimmst. Zunächst einmal sollen wir dich herzlich von Markus Eck grüßen. Er wünscht dir alles Gute für die Zukunft!
Zagan: Ah, der Markus – den habe ich leider auch schon viel zu lange nicht mehr gesehen! Ich würde mich ja freuen, wenn er mir mal wieder über den Weg läuft. Ein ganz sympathischer, toller Mensch, der uns schon seit ewigen Zeiten begleitet. Ich mag ihn sehr – und grüße ihn bitte auf jeden Fall zurück! Ich werde mich selber mal wieder bei ihm melden.
André: Super – und das können wir nur bestätigen. Es gibt keinen PR-Mann, mit dem wir lieber zusammenarbeiten! Kommen wir zu Black Messiah: Wir haben euch vor ungefähr zwei Wochen beim Wolfszeit Festival live gesehen – und wir hatten viel Spaß bei eurem Auftritt. Wie habt ihr euer Gastspiel in Crispendorf erlebt?
Zagan: Ich glaube, wir waren zum vierten Mal beim Wolfszeit. Es ist dort immer großartig! Auf der einen Seite hast du diese megageile Location, die mit dem ganzen Wald drum herum einzigartig ist. Auf der anderen Seite haben uns die Leute dort immer sehr gut aufgenommen und viel Spaß mit uns gehabt, das war zumindest immer mein Eindruck, ich habe nie etwas Schlechtes gehört. Zum letzten Auftritt: Es hat wirklich Bindfäden geregnet, es hat ja gar nicht mehr aufgehört. Da muss man mit der ganzen Elektronik auf der Bühne schon aufpassen. Wir kamen auch ein bisschen ein Zeitnot, weil Horn erst ungefähr eine halbe Stunde später als geplant anfangen konnten. Zu uns: Es wäre sicher voller gewesen, wenn es nicht so stark geregnet hätte. Aber wir haben Spaß gehabt – obwohl wir diesmal ein paar technische Probleme hatten. Mir ist, glaube ich, zum allerersten Mal auf der Bühne die Saite meiner Geige gerissen. Das hat mich ein bisschen geärgert… Aber die Leute sind gut mitgegangen, wir haben viel Fun gehabt, daher denke ich, dass es ein ganz guter Auftritt war.
André: Auf jeden Fall. Aidan wird es bestätigen können, dass die Stimmung vor der Bühne bei keiner Band so gut und ausgelassen war wie bei euch. Wie besonders war es eigentlich, mit deinem Sohn auf der Bühne zu stehen?
Zagan: Ja, das war etwas ganz Besonderes für mich – ich war bombenstolz als Papa! Vor gut einem Jahr haben wir ja Garm, unseren langjährigen Bassisten, verloren. Mit Flemming haben wir nun einen neuen Bassisten, aber er hatte schon gleich zu Beginn bei uns gesagt, dass er beim Wolfszeit Festival leider keine Zeit hat, weil sein bester Freund dann heiratet und er da Trauzeuge ist. Naja, zum Glück habe ich einen Sohn, der auch totaler Metalhead ist und seit etlichen Jahren Gitarre spielt. Ich habe ihn ungefähr ein Dreivierteljahr vorher gefragt, ob er sich vorstellen kann, bei uns Bass zu spielen. Er hatte Bock und wollte das unbedingt machen – so ist das alles entstanden. Ich hoffe, dass ich noch öfter die Gelegenheit haben werde, mit ihm auf der Bühne zu stehen. Er hat Spaß gehabt und es super gemacht.
André: Definitiv! Wir haben euch nach eurem Auftritt noch auf dem Festivalgelände gesehen. Welche Bands haben euch ganz besonders gefallen?
Zagan: Ich fand Thyrfing megageil! Das ist eine Band, auf die ich unheimlich stehe. Ich habe sie, glaube ich, erst zum zweiten Mal live gesehen. Wenn wir zusammen auf einem Festival sind, spielen die ansonsten irgendwie immer an einem anderen Tag. Watain habe ich nicht mehr mitbekommen…. da bin ich irgendwann im Bus umgekippt und habe geschlafen. Gernotshagen habe ich noch mitbekommen, die fand ich auch super – die kenne ich auch schon seit ewigen Zeiten. Es macht immer Spaß, deren Shows zu sehen, weil ich auch ihre Musik sehr geil finde. Das ist ja auch so eine ganz eigene Sache, die die machen mit ihren Naturtexten und dieser Art von Sound. Das waren also die beiden Auftritte, die mir besonders gut gefallen haben.
André: Kommen wir zurück zu deiner Band: In diesem Jahr feiert ihr euren 30. Geburtstag. Was waren aus deiner Sicht die Highlights in eurer langen Geschichte?
Zagan: Highlights gab es viele! Jedes Mal, wenn wir unterwegs sind, ist es ein Highlight, weil die Jungs einfach lustig sind, wir haben einfach immer Spaß. Zu Konzerten: Wir haben mal auf dem Wacken gespielt. Das war natürlich ein Riesending, vor so vielen Leuten zu spielen. Die Europatour, die wir mit Nomans Land gemacht haben, war auch super. Oder die mit Cruachan. Mein Highlight ist es eigentlich immer, die Leute von den anderen Bands kennenzulernen. Da sind ja viele Bands dabei, die man früher, als kleiner Metaller, selbst immer gerne gehört hat. Wir haben auch mal mit Bobby “Blitz” Ellsworth von Overkill gesoffen, das war auch geil. Der Typ hat, im positiven Sinne, ganz viel Mist erzählt. Das war ein unheimlich genialer Abend!

Aidan: Ja, 30 Jahre sind schon eine lange Zeit. Ihr habt ja einen großen Stilwechsel vollzogen: Ihr habt als Black Metal-Band angefangen und seid dann immer weiter Richtung Pagan Metal gewandert. Welches Album von euch magst du rückblickend betrachtet selbst ganz besonders?
Zagan: Das ist schwierig… Dieser Wechsel, den wir damals vollzogen haben, war nichts Geplantes. Als wir unsere erste Scheibe rausbrachten, Sceptre of Black Knowledge, da war ich mit dem Nabahm in der Band, ein Drummer aus der Ukraine. Vorher gab es Black Messiah schon in einer ganz anderen Besetzung, damals haben wir auch Black Metal gemacht. Irgendwann brach das alles weg, Nabahm wollte auch nie live spielen und sah Black Messiah nur als Studioprojekt, ich wollte das aber auf die Bühne bringen. Daher war ich dann irgendwann allein… Ich habe mich immer schon für Mythologie interessiert, daher war der Wechsel dann gar nicht so untypisch, das ist einfach passiert. Ich habe nicht auf einmal gesagt: So, ich mache jetzt Pagan Metal – zu diesem Zeitpunkt gab es diesen Begriff, glaube ich, auch noch gar nicht. Aber was ist nun mein liebstes Album? Es gibt Alben, die ich nicht so sehr mag. Sehr am Herzen liegen mir die First War of the World und Walls of Vanaheim, weil die eine große Geschichte erzählen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, diese zu vertonen.
Aidan: Wie wichtig sind dir die Lyrics – oder auch Konzeptalben an sich?
Zagan: Natürlich sind Lyrics wichtig – auch wenn es die Musik ist, die immer als Erstes hängenbleibt. Manche finden unsere Lyrics Scheiße, wir haben gerade bei den beiden gerade genannten Alben auch Kritik dafür bekommen. Manche Leute meinten, das sei ja eher ein Hörspiel, das hat doch mit Metal nichts mehr zu tun, da quasselt einer die Hälfte der Zeit. Aber gut, es ist immer Geschmackssache, es kann nicht jedem gefallen. Zu Konzeptalben kann ich sagen, dass sie auf jeden Fall schwieriger zu schreiben sind. Am Anfang ist es leicht, aber am Ende muss man noch Songs über die Themen schreiben, die übrig sind – da ist es leichter, sich hinzusetzen und einfach irgendeinen Song zu schreiben. Also, es ist schwieriger, es ist aufwendiger, aber dadurch bedeuten mir diese Platten auch mehr. Im Endeffekt sind sie bei den Leuten, die uns mögen, ganz gut angekommen.
André: Was bei euch sofort auffällt, ist, dass eure Texte auf Deutsch und auf Englisch verfasst sind. Wie ist es dazu gekommen? War das eine bewusste Entscheidung?
Zagan: Das ist auch eine gute Frage! Wir haben ja erst auf der Oath of a Warrior mit deutschen Texten begonnen, auf dem Debüt gab es die noch nicht. Das war auch mehr oder weniger zufällig. Der erste Song, den ich auf Deutsch geschrieben habe, war “Christenfeind”, danach kam “Blutsbruder”. Beim “Christenfeind” hatte ich die Geschichte im Kopf, so Satzbruchstücke – da habe ich mich hingesetzt und habe das Ganze mal ausgearbeitet. Dabei ist dann eben der erste deutsche Text entstanden. Im Endeffekt ist es im Pagan Metal ja auch nichts Ungewöhnliches, in seiner Heimatsprache zu singen – da muss man ja nur an die ganzen Bands aus Skandinavien denken, Thyrfing, Moonsorrow… Ich denke auch, dass man sich in seiner Muttersprache immer besser ausdrücken kann als in irgendeiner Fremdsprache. Warum soll man es dann nicht machen?
Aidan: Zum Inhalt der Lyrics. Du hast ja gerade bereits angedeutet, dass dir Mythologie sehr am Herzen liegt. Wie kam es dazu?
Zagan: Zur Mythologie: Das sind halt unsere Wurzeln. Ich möchte gar nicht sagen, dass wir nun alle an Thor glauben sollen. Ich finde aber, das ist ein Teil unserer Kultur. Diese Geschichten, aus der Germanischen Mythologie zum Beispiel, sind es wert, erzählt zu werden. Das hat auch alles nichts mit Rechtsradikalismus, Nationalsozialismus oder so einem Scheiß zu tun – diesen Vorwurf hört man heutzutage ja oft, wenn man nur eine Rune trägt. Wenn man sich mit der Geschichte beschäftigt, wird man feststellen, dass die Nazis in den 1930er und 40er Jahren das Ganze zweckentfremdet haben – und das kotzt mich völlig an. Das war echt kriminell, die haben nämlich damit all unsere Vorväter in Verruf gebracht. Naja, leider lernt man in der Schule viel zu wenig über Nordische oder Germanische Mythologie. Dazu möchte ich noch sagen: Als wir die First War of the World gemacht haben, habe ich sogar eine Anfrage von Wissenschaftlern der Universität Münster bekommen, die in ihrem Skandinavistik-Kurs über unsere Platte geredet haben. Das fand ich echt gut, da ich mir dachte: Wenn sich schon diese Leute damit beschäftigen, kann das Ganze ja nicht so Scheiße sein.
Aidan: Wie schätzt du eigentlich die heutige Pagan Metal-Szene ein? Und wie würdest du eigentlich euren eigenen Stil einordnen?
Zagan: Was ich an der Pagan Metal-Szene so geil finde, ist dieser große stilistische Unterschied zwischen den einzelnen Bands. Ich habe in der Szene nie das Gefühl gehabt, dass man in Konkurrenz zu einer anderen Band steht, weil sie eben so unterschiedlich sind und daher Konkurrenzdenken gar nicht aufkommt. Die Musiker untereinander verstehen sich auch gut – wenn man sich sieht, feiert man gemeinsam. Das schon mal vorweg. Die Pagan Metal-Szene ist riesig, das definitiv. Eine Zeit lang war sie zu groß, das muss man auch sagen. Zu uns: Wir machen einen Mix aus Heavy Metal und Folk, wir haben dazu viele klassische Elemente. Wegen unserer Keyboarder, die dabei waren und es im Moment sind, machen wir auch viele Sachen, die Richtung Soundtrack gehen. Dieser Mix ist heute unser typischer Black Messiah-Stil. Songs wie “Sauflied” und “Söldnerschwein” fallen natürlich etwas raus – ich finde es immer schade, wenn Leute nur diese Songs kennen. Gut, die werden gerne auf Partys gespielt, wie auch unsere alte Coverversion von “Moskau”. Ich muss sagen, dazu wäre es fast gar nicht gekommen. Als ich damals dieses “Sauflied” geschrieben habe, bin ich eines Tages in den Proberaum gekommen und habe den Jungs gesagt, dass ich mal etwas völlig anderes habe. Vier meiner fünf damaligen Mitmusiker schauten mich, nachdem ich ihnen das gezeigt hatte, an, als ob ich einen an der Waffel hätte. Nur unser alter Gitarrist, der Meldric, meinte, dass das doch irgendwie ganz cool sei. Er fände das lustig. Ich habe dann gesagt: Passt auf, wir spielen in einem Monat auf dem Ultima Ratio in Krefeld (ein großes Pagan Metal-Festival, das es leider schon lange nicht mehr gibt). Lasst uns den einmal live spielen. Wenn der Song nicht zündet, schmeiße ich ihn weg. Darauf haben sich die Jungs dann eingelassen. Und ja, die Halle hat getobt! Die Leute haben getanzt, mitgesungen, geschrien. Danach kamen alle zu mir: Hey, das hast du gut gemacht!
Aidan: Welche Bands haben dich als Musiker am meisten beeinflusst? Du hast ja vorhin erzählt, dass sehr viele Elemente in euren Stil eingeflossen sind.
Zagan: Das ist schwierig zu beantworten. Wir haben in den letzten 15, 20 Jahren so viele Mitmusiker gehabt, die alle ihren Teil beigesteuert haben – ich schreibe die Songs ja nicht allein. Dadurch kann man gar nicht sagen, das kommt von dieser Band, das kommt von jener Band. Ich finde es generell schwierig, uns mit einer anderen Band zu vergleichen. Wir machen einfach Musik, wir nehmen das, was uns gefällt.
André: Mal angenommen, ich möchte jemanden für “euer” Genre begeistern? Welche Klassiker-Platten sollte ich deiner Meinung nach empfehlen?
Zagan: Ich würde definitiv die Hammerheart von Bathory herausholen. Als die rauskam, hat sie mich schon mega begeistert. Natürlich auch die eine oder andere ältere Falkenbach-Scheibe, die waren auch grandios – gerade die ersten drei. Es gibt aber so vieles… das Genre ist so unterschiedlich.
André: Hast du auch jüngere Pagan-Bands in den letzten Jahren verfolgt, die dir besonders gut gefallen haben?
Zagan: Das passiert oft, das mir etwas gefällt! Helgrindur zum Beispiel, unser jetziger Bassist kommt ja von dort. Die finde ich sehr geil! Das war eh sehr lustig… Ich war vor ein paar Jahren mit dem Auto bei uns in der Ecke unterwegs und bin mit unserem Auto tanken gefahren. Als ich bezahlen wollte, stand so ein blonder, langhaariger Typ hinter der Kasse. Er guckt mich an und fragt: Hey, bist du nicht der Zagan von Black Messiah? Ich so: Ja, bin ich. Er: Hey, ich bin der Flemming, darf ich dir mal ein Demo von uns mitgeben? Ich habe das gerade hier unter der Ladentheke. Vielleicht kannst du ja mal reinhören. Ich meinte: Klar, sicher! Und habe mir das dann auch angehört – und fand es super! So sind Flemming und ich in Kontakt gekommen – und nun spielt er bei Black Messiah. Das ist schon recht witzig…
André: Helgrindur sehen wir auch Ende September beim Thorshammer Festival. Das ist wirklich eine tolle Story!
Zagan: Ja, wenn man guckt, was im Nachhinein daraus geworden ist, ist das schon ganz lustig. Ich fand es damals cool, dass er mich angesprochen hat. Ich habe das Demo sofort in den CD-Player gehauen, meine Frau war auch dabei und wir waren beide begeistert davon. Das war richtig gutes Zeug, was sie da gemacht haben, das war auch nicht so 08/15, sondern recht eigenständig. Helgrindur sind eine tolle Band!
Aidan: Vor gut fünf Jahren erschien euer letztes Studioalbum Walls of Vanaheim. Wann können wir mit einem neuen Black Messiah-Release rechnen?
Zagan: Pläne gibt es. Aber wir haben, wenn ich ehrlich bin, noch nicht an einem neuen Album gearbeitet. Wir sind eine von den wenigen Bands, die in der Coronazeit mal gar nichts gemacht haben. Wir haben vorher so viel zusammen gemacht, da haben diese 1,5 Jahre Pause sogar mal richtig gutgetan. Wir haben auch keine neuen Songs geschrieben. Ich war nach der letzten Platte auch ziemlich leer – was Musik, aber besonders auch Texte angeht. Es dauert bei mir ein bisschen, bis neue Ideen kommen. Ich kann nicht in drei Wochen acht Songs schreiben. Aktuell tauschen wir ein paar Ideen aus. Wir wollen mal wieder ein bisschen back to the roots gehen. Auf dem Wolfszeit Festival haben wir ja auch ein paar alte Sachen gespielt, von der Sceptre of Black Knowledge. Es soll nicht ganz in DIE Richtung gehen, aber schon einen Schritt zurück. Es darf wieder etwas rauer werden, da haben wir alle Bock drauf. Mal gucken, was dabei herauskommt. So etwas ist ohnehin immer schwer zu planen. Meistens klingt es am Ende doch wieder anders… Demnächst fangen wir auf jeden Fall wieder an, Songs zu schreiben. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen und sagen auch nicht, das muss nun im nächsten Jahr im August oder so fertig sein.
André: Wenn man sich für Pagan Metal interessiert, muss man meiner Meinung nach doch immer etwas intensiver nach Infos suchen. In den klassischen Printmagazinen kommt das Thema doch eher wenig vor. Korrigiere mich, wenn du es anders siehst, aber es ist doch ein Genre, das eher am Rand vorkommt…
Zagan: So 2002 bis 2006 wurde die ganze Szene totgeschwiegen. Darüber hat kein Mensch geredet. Die Pagan-Szene wurde vom Rest der Metal-Szene überhaupt nicht ernst genommen, sondern eher verlacht: Hey, das sind irgendwelche Leute, die sich gerne verkleiden, auf Rollenspiele stehen und Schunkellieder singen. Das hat sich dann geändert, bis 2014/15 gab es einen Boom. Da hat man Pagan Metal in jeder Zeitung gefunden, da hat sogar der Metal Hammer darüber berichtet. Dieser Boom ist zum Glück wieder abgeebbt, der tat der Szene meiner Meinung nach nämlich überhaupt nicht gut. Da wurde ja alles unter Vertrag genommen, was unfallfrei eine Gitarre halten konnte, ohne sich dabei schwer zu verletzen. Manchmal hat man da echt die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, wenn man gehört hat, was dabei herausgekommen ist. Daran wäre die Szene auch fast erstickt. Jetzt ist sie gesund geschrumpft, das finde ich im Moment auch ganz gut so. Derzeit könnte natürlich gerade in den größeren Magazinen etwas mehr Aufmerksamkeit sein, sollte auch wieder sein… Ich weiß auch nicht, woran es liegt. Mittlerweile sollten die Leute das auch alles ernst nehmen und sehen, wie lebendig die Szene ist, Festivals wie Wolfszeit oder Dark Troll sind ja super besucht. Die Szene ist da, sie ist stark, sie ist groß, aber im Moment auch nicht übergroß – was ich ganz gut finde.
André: Bist du eigentlich ein Vinyl-Freak – oder ist dir das Format egal?
Zagan: Egal ist es mir nicht. Ich sammle Vinyl – ich habe zum Beispiel über 70 Venom-Platten, die ich im Laufe der letzten 30 Jahre gekauft habe. Platten heutzutage ja, aber nur alte – ich kaufe mir keine neuen Releases auf Vinyl. Ich finde nämlich, dass das inzwischen absolut überteuert ist im Vergleich zu früher. Ich sammle eher Raritäten, neben Venom auch King Diamond und Mercyful Fate. Ansonsten kaufe ich viele CDs, im Metal-Bereich aus jedem Genre. Von Hardrock über Death Metal und Grindcore höre ich alles. Nur Nu Metal und Metalcore kann ich mir nicht geben – da kriege ich das kalte Kotzen, damit kannst du mich echt jagen.
André: Das können wir gut nachvollziehen… Kannst du dich eigentlich noch an die erste Schallplatte erinnern, die du dir selbst gekauft hast?
Zagan: Das weiß ich noch! Ich war 13. Da habe ich mit meiner Mama im Kaufhaus die Killers von Iron Maiden gekauft. Zum Metal gekommen bin ich aber durch King Diamond – das habe ich damals als Erstes gehört, und King Diamond ist mit Venom bis heute mein absoluter Favourite. Übrigens, zu Venom, eines meiner Highlights war, als ich Abaddon getroffen habe. Bei uns hier in Gelsenkirchen gab es früher eine Metal-Kneipe, die hieß Endzeit, die hat dem Frank Blackfire von Sodom und Kreator und dem Peppi, der als Grave Violator auf der ersten Sodom-EP gespielt hat, gehört. Da habe ich ganz viele Jahre gearbeitet. Irgendwann haben die Jungs mit Abaddon eine Tribute to Venom-Scheibe aufgenommen und haben ihn dann an einem Mittwochabend mit in die Kneipe gebracht. Da habe ich ihm einen Stapel Platten von mir hingelegt und gesagt: Abaddon, unterschreib’ das mal bitte für mich. Dabei haben wir uns dann zwei Stunden lang über Musik und Fußball unterhalten – das war ganz lustig.
André: Wie stehst du zum Thema Streaming?
Zagan: Soll ich die Wahrheit sagen? Aus Sicht des Konsumenten ist das natürlich großartig. Du kannst alles für ein paar Euro im Monat hören. Aus Sicht des Musikers ist das tödlich. Da bleibt finanziell nichts hängen, wenn der Konsument für zehn Euro im Monat Millionen von Platten runterladen kann. Es geht uns ja gar nicht darum, mit der Musik reich zu werden – aber draufzahlen ist auch doof. Dann gibt es das Ganze nämlich irgendwann nicht mehr.
André: Letzte Frage: Mal angenommen, du hättest ein riesiges Budget für Live-Shows zur Verfügung, vielleicht nach einem Lotto-Gewinn. Wie würde dann ein Black Messiah-Gig ausschauen?
Zagan: Gute Frage! Ich würde auf jeden Fall ganz viel mit Feuer und Explosionen machen. Das fand ich auch als Zuschauer immer geil, wenn da die halbe Bühne in die Luft fliegt. Für uns ist das aber mit Black Messiah derzeit natürlich absolut utopisch. [lacht ]Ich glaube übrigens, dass mich meine Frau killen würde, wenn ich unseren ganzen Lotto-Gewinn in eine Black Messiah-Show blasen würde.
Aidan: Zagan, wir danken dir. Wir werden uns nächstes Jahr bestimmt auf dem Mead & Greed Festival sehen. Euer Auftritt beim Wolfszeit hat wirklich Appetit auf mehr gemacht.
Ein Kommentar zu „Interview: Black Messiah“