Erst in unserem am Sonntag veröffentlichten Interview mit Zagan (Black Messiah) fiel der Name der Band, um die sich heute alles dreht: Helgrindur. Anlässlich des in der kommenden Woche anstehenden Thorshammer Festivals in Suhl möchten wir euch heute die Truppe aus Solingen näher vorstellen. Rede und Antwort stand uns Flemming. Viel Spaß beim Lesen!

André: Vielen Dank, Flemming, dass du dir Zeit für unseren Blog nimmst. Wie geht es dir?
Flemming: Es liegt ein ereignisreicher Sommer mit vielen Festivals und Auftritten hinter mir/uns, dementsprechend kann es einem nach der langen pandemiebedingten Pause kaum besser gehen.
Das kann ich auch aus Fan-Sicht gut nachvollziehen! Welche Platte hast du vor der Beantwortung meiner Fragen zuletzt gehört?
Tatsächlich läuft gerade nebenbei keine Platte, sondern der Live-Mitschnitt von Mgła auf dem Alcatraz Festival auf Arte Concerts.
Welches Album, das in diesem Jahr erschienen ist, hat dich bislang ganz besonders begeistert?
Das Album, welches mir sofort in den Sinn kommt, ist Verzet von Horn. Ein wirkliches starkes Album, das voll nach vorne geht und einige spannende Elemente bereithält.
Oh, ja, Verzet gehört auch zu den Lieblingsalben meines Kollegen Aidan und von mir. Kommen wir zu deiner Band: Euch gibt es laut Metallum bereits seit 2009. Erzähle doch unseren Lesern einmal ein bisschen etwas über die Geschichte von Helgrindur.
So lange schon? Man wird wohl nicht jünger… Begonnen hat alles als eine Art Folk Metal-Projekt in einem staubigen Keller in Solingen. Damals noch mit Dudelsack, Geige und Schalmei im Gepäck wagten wir uns als Jugendliche an unsere ersten Gehversuche als Band. Da es nach Beendigung der Schule einige in die Ferne zog, haben wir uns damals entschlossen, die Band in klassischer Besetzung – Schlagzeug, 2x Gitarre, Bass und Gesang – fortzuführen. So spielten wir dann auch 2011 in Solingen unseren ersten Auftritt. Viele Jahre verbrachten wir (Flemming, Gianni und Alex) dann damit, einen gescheiten Proberaum und Mitmusiker zu suchen, bis wir 2017 dann mit Beast am Gesang unseren Sänger fanden und im Proberaum unser erstes Album Von Einst aufnahmen. Seitdem touren wir durch Clubs und Festivals in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Was war in all diesen Jahren euer schönstes Erlebnis als Band?
Den einen Moment festzumachen, ist, glaube ich, unmöglich. Das Schönste, was einem als Musiker passieren kann, ist es, wenn Leute nach einem Auftritt auf einen zukommen und sich für den gelungenen Auftritt und die gute Musik bedanken.
Welche Bands haben dich als Musiker am meisten beeinflusst?
In meinen Anfangsjahren als Gitarrist habe ich viel „alten Kram“ gespielt, den ich von zu Hause kannte. Sprich: AC/DC, Deep Purple, Metallica, Black Sabbath… Mit der Bandgründung 2009 lag dann der Fokus auf den damaligen „Pagan“-Bands wie Obscurity, Black Messiah, Riger, Varg…
Vor knapp fünfeinhalb Jahren erschien euer erstes Studioalbum Von Einst, das du gerade bereits erwähnt hast. Wie blickst du heute auf diese Scheibe zurück? Und wie ist eigentlich das Feedback damals ausgefallen?
Rückblickend denkt man sich immer: Das hätte man aber anders machen können, das klingt aber nicht so… Wie vorhin bereits beschrieben, haben wir das Album im benachbarten Proberaum aufgenommen, wo wir von Kollegen unterstützt wurden. Wir hatten zu dem Zeitpunkt absolut keine Ahnung von Recording, Mix oder Mastering. Ich habe einfach so lange an irgendwelchen „Knöpfen“ gedreht, bis ein für uns akzeptables Ergebnis rauskam. Überraschenderweise wurde das Album sehr gut angenommen.
Ich habe gelesen, dass ihr derzeit an eurem zweiten Album arbeitet. Wird es stilistische Änderungen geben? Und wann dürfen wir mit einem Release rechnen?
Wir sind auf einem guten Weg, die Produktion abzuschließen. Ein genaues Erscheinungsdatum kann ich allerdings noch nicht nennen, da hängen noch zu viele Faktoren von ab. Stilistisch bleiben wir bei unseren Wurzeln: Wir machen das, worauf wir Lust haben. Heißt, wieder brachiale Rhythmen, gepaart mit viel Melodie und treibendem Schlagzeug. Wer uns in letzter Zeit live gesehen hat, hat auch schon ein paar Eindrücke hören dürfen.
Das klingt vielversprechend! Wie wichtig sind dir eigentlich die Lyrics? Meiner Meinung nach sind sie gerade im Pagan Metal ein essenzieller Bestandteil, der viel zur Atmosphäre beiträgt.
Bei deutschem Gesang bin ich da voll und ganz bei dir. Da ich aber auch viel skandinavischen Kram höre, wo ich kein Wort verstehe, sehe ich das ein wenig anders: Der Gesang ist dann wie ein Instrument zu sehen, der sich mit Screams und Growls in die restlichen Instrumente einfügt und allein dadurch Atmosphäre verbreiten kann. Ich würde niemals auf die Idee kommen, nach den Lyrics zu suchen und auf Deutsch zu übersetzen.
Das ist ein guter Punkt, den ich sehr gut nachvollziehen kann. Mein Kollege Aidan und ich werden Ende September das Thorshammer Festival besuchen – ich bin mir sicher, dass euer Auftritt zu unseren Highlights zählen wird. Ich nehme an, ihr freut euch auch bereits sehr auf diese Show… Zu welchen Bands, die in Suhl auf der Bühne stehen werden, habt ihr den engsten Kontakt? Obscurity wäre ein ganz heißer Tipp…
Definitiv Obscurity, da drei von uns auch bei Obscurity spielen. Aber auch mit den anderen Bands, wie Varus oder Thorondir, hat man bei anderen Gelegenheiten schon Kontakte geknüpft.
Wie schätzt du die heutige Pagan Metal-Szene ein? Was gefällt dir?
Die Pagan Metal-Szene war schon immer eine recht kleine, überschaubare Szene. So trifft man doch sehr häufig die gleichen Gesichter, sei es auf oder vor der Bühne. Mittlerweile kennt man sich und jedes Konzert oder Festival fühlt sich so heimisch an. Dadurch sind große Freundschaften gewachsen die wir nicht mehr missen möchten.
Welche Festivals in eurem Bereich magst du besonders gern? Und hast du eventuell einen Geheimtipp für meinen Kollegen und mich? Wir sind sehr neugierig und reisefreudig…
Eigentlich gibt es kein Festival, auf dem wir bisher spielen durften, das ich nicht weiterempfehlen würde. Ganz besonders in Erinnerung ist uns die Heimburger Metalnacht geblieben. Dort wurde man so gut bewirtet und mit offenen Armen empfangen, egal wie „Groß oder Klein“ die Band ist. Ein relativ junges Festival, welches definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hat.
Ist notiert! Mal angenommen, ich möchte jemanden für “euer” Genre begeistern. Welche Klassiker-Platten sollte ich deiner Meinung nach empfehlen?
Natürlich schadet es nicht, die Klassiker wie Bathory, Primordial oder Menhir zu kennen. Vielmehr sollte man sich allerdings die heutigen Platten zu Gemüte führen, da sich in den letzten Jahrzehnten doch einiges getan hat. Mittlerweile gibt so viele gute Pagan Metal-Bands, vor allem auch viele Newcomer, die den Pagan Metal für sich weiterentwickeln und ihren ganz eigenen Sound haben.
Bist du eigentlich ein Vinyl-Freak – oder ist dir das Format egal?
Ich liebe den warmen, kratzigen Sound alter Vinyl-Platten, allerdings habe ich nie eine Sammlung angefangen.
Wie stehst du zum Thema Streaming?
Man kann vom Streaming halten was man will: Es ist nun mal die Art und Weise, wie Musik heutzutage konsumiert wird. Der Absatzmarkt von CDs ist erschreckend gering und nimmt immer weiter ab, wobei ich das Gefühl habe, dass im Metal-Bereich noch die meisten CDs über den Tisch gehen. Dass beim Streamen nicht mal ansatzweise so viel Geld hängenbleibt wie beim Verkauf von CDs, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Dieses Geld fehlt den Bands dann bei Equipment, Aufnahmen und Fahrten.
Letzte Frage: Mal angenommen, du hättest ein riesiges Budget für Live-Shows zur Verfügung. Wie würde dann ein Helgrindur-Gig ausschauen?
Ich glaube, es wäre uns wichtiger, alle unsere befreundeten Bands, mit denen wir seit Jahren unterwegs sind, auf die Bühne zu holen, als unsere Konzerte von Amon Amarth eröffnen zu lassen. Ansonsten würden natürlich Bier und Met für alle in Strömen fließen.
Eine sehr sympathische Antwort! Flemming, ich danke dir für dieses Interview. Wir sehen uns in Suhl!